Noch ein paar Stufen. Dann steht man auf einem Felsvorsprung, die Küstenstadt Fethiye zu Füßen, und blickt auf die Königsgräber, welche die Lykier um 400 v. Chr. genau hier in die senkrechten Steinwände gemeißelt haben. Alles ist noch perfekt erhalten: Die feinen Reliefs an der Fassade, die Grabkammer, die Säulen am Eingang. Zwischen Fethiye und Antalya hat das antike Seevolk zahlreiche mächtige Städte errichtet; die zerklüftete Küstenlandschaft mit ihren vielen Felsvorsprüngen und versteckten Buchten bot den nötigen Schutz. Trotzdem sind die Lykier untergegangen. Dafür zieht es heute Urlaubende an die Mittelmeerküste, weil es hier hinter jeder Straßenbiegung eine weitere Badebucht zu entdecken gibt. Und viele dieser Strände sind einzigartig.
Der Ilica Beach beispielsweise, ein feinsandiger Strand bei Çeşme an der Türkischen Ägäis. Am Meeresboden entspringt dort eine 55 Grad heiße Thermalquelle, die das Wasser erwärmt und eine heilende Wirkung auf Geist und Körper entfalten soll. Türkisblau und glasklar ist das Wasser der Blauen Lagune Ölüdeniz, die auch wegen des hellen Sandstrands und der sanften Hügel ringsum als ein besonders schönes Stück Natur gilt.
Im südlichen Bereich der Türkischen Riviera wechseln sich Kiesbuchten mit kilometerlangen Stränden ab. Der naturgeschützte Olympos Beach bei Çiralı, hinter dem sich die Ausläufer des Taurusgebirges in den weiten Himmel wölben, ist so ein Schmuckstück, ebenso der Kleopatra-Strand in Alanya, an dem schon die letzte ägyptische Prinzessin Gefallen gefunden haben soll. Und an dem sich heute die Surferszene tummelt.
Lykien wird die Region an der Südwestküste der Türkei noch heute genannt. Und Lykien bedeutet „Land des Lichts“. Tatsächlich hat das lykische Licht, das die Landschaft in alle erdenklichen Farben taucht, eine besondere Kraft. Das Meer schimmert in Azurblau. Weiß leuchten die Felswände der Göynük-Schlucht, durch die ein türkisblauer Strom fließt. Im Hinterland erstrecken sich saftig grüne Täler, Mandel- und Olivenbäume wachsen dort, Jasmin und Zedern. Es liegt auch an dieser Farbenpracht, dass der Lykische Weg, der von Fethiye nach Antalya quer durch diese unberührte Natur führt, zu den spektakulärsten Wanderrouten der Türkei zählt. Die Gegend strömt Ruhe aus. Nur am Göynük-Canyon nicht, hier rauschen Wasserfälle und ein wilder Fluss – perfekt fürs Canyoning. Vielleicht verdankt der Landstrich seinen Namen aber auch der griechischen Mythologie, derzufolge Apollon hier geboren sein soll, der Lichtgott. Wer in Didim vor der gewaltigen Orakelstätte des Apollon steht, besucht eines der wichtigsten Heiligtümer der Griechen – und ahnt, wie mächtig sie einst gewesen sein müssen.
Noch heute muss man die Augen zusammenkneifen, wenn hinter den Säulen des Apollon-Tempels in Side die Sonne untergeht und sie den Marmor zartrosa aufleuchten lässt. Auch den alten Römern, die diesen Tempel am Hafen von Side errichteten, galt Apollo als Gott des Lichts. Wo diese außerdem ihre Spuren hinterlassen haben? In Antalya, wo auf einem Hügel das Hadrianstor die Altstadt bewacht. Oder in Izmir, wo die römische Agora mit ihren Säulenresten zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt zählt. Izmir und Antalya sind historische Städte. Und stecken voller Leben. Läden, Straßencafés und Teehäuser haben sich in der Einkaufsstraße angesiedelt, die bergab zum Hafen von Antalya führt. Aus den Lokalen weht Stimmengewirr und Musik auf die Straßen. In den verwinkelten Basar-Gassen in Izmir bieten Händler ihre Ware an: Töpfereien und Ledertaschen, Gewürze, Oliven und getrocknete Feigen. Restaurants tischen lokale Gerichte auf, gegrillte Sardellen oder in Olivenöl eingelegtes Lamm. Gut möglich, dass die wichtigste Sehenswürdigkeit dieser Städte gar nicht die Baudenkmäler sind, sondern das muntere Leben, das sich dort vor historischer Kulisse abspielt.
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